Ulmer Haberkorn hat einen Anfall


Inspiriert durch Hanekes Film „LIEBE“, sowie durch diesen Film auch erinnert an eigene existentielle Schocks und Nöte, die mit der möglichen Insuffizienz unseres menschlichen Körpers zusammenhängen, zeichnete ich zu Beginn dieses Jahres 2013 den Zyklus ANFALL. Thema sind Schmerzanfälle im Leib und des Kopfes, die einem wahrscheinlich menschlichen Wesen, Alter und Geschlecht unbestimmt, widerfahren. Dementsprechend findet man auf jedem Blatt die detaillierte Zustandsdiagnose auch in Worten: Schlaganfall, Krampfanfall. Ich gehe davon aus, dass solche Zustände aus welchem Grund immer einem Großteil meiner Mitmenschen bekannt sind und hoffe, diese mit diesen Darstellungen zu affirmieren und zu trösten und denen, die diese Zustände nicht kennen, davon zu berichten, und ihnen zu vermitteln – sie mögen sich glücklich schätzen, zustandsfrei zu sein. „… Schmerz, seltsames Wort, seltsames Ding, in der Naturgeschichte des Menschen dem Körper zugedacht, aus dem Körper abgewandert und brisanter gemacht in seinem Gehirn. Der durch meinen Kopf, meine Atemorgane, durch die Herzcoronarien wütet bis in die verdrehten Extremitäten, dieser wahnsinnige Schmerz, der sich alle paar Stunden ein anderes Feld aussucht, meinen Kiefer – ihn zu sperren, meine Zähne, um sie klappern zu lassen, meine Hände – damit sie taub werden, fremd an mir weghängen. In diesen Knien, die einsacken, diesen Augen, in denen nach dem vorübergehenden Tod die Pupillen schaukeln und schiefstehn. Schmerz, abgeschleppt aus der Naturgeschichte des Menschen, aus dem Körper abgeschleppt, der sich alle paar Stunden ein andres Feld aussucht, um mich auszuprobieren, sodaß meine Zähne nicht mehr beißen können, meine Hände die Tassen fallen lassen, meine Füße verkrampfen, meine Knie einsacken, …“ (Zit: „Der Fall Franza“, Ingeborg Bachmann). Anfall 1-20: A4, Mischtechnik auf Papier, kaschiert auf MDF-Platten 12mm Anfall 1-4 groß, 102x72cm, Mischtechnik auf Pappe